Der Sonntag an der Zimmerdecke

Der Sonntag an der Zimmerdecke

Stellst du dir manchmal auch vor, wie es wäre, fliegen zu können? Oder sich gar mit einem Stuhl, einem Tisch und einem Teller bei einem leckeren Frühstück an der Decke zu unterhalten? So ergeht es mir fast jeden Sonntag, doch dieser Sonntag war irgendwie anders – er war sehr gemütlich. Aber lies selbst, was ich an diesem schönen sonnigen Sonntag wieder einmal alles erleben durfte.

Eines schönen Sonntags Morgen wachte ich in meinem Bett auf und dachte mir, ich könnte heute ja wieder einmal etwas Neues ausprobieren. Etwas, was ich noch nie getan habe aber schon sehr lange auf meiner To-Do-Liste stand. Meine Idee nämlich war, an der Decke entlang zu laufen. Ganz richtig, ich entschloss mich also meine Füsse fest an die Zimmerwand zu pressen und stieg Schritt für Schritt nach oben. Weit musste ich ja nicht laufen, worüber ich ziemlich glücklich war. Man stelle sich vor ich würde in einem Schloss leben und dort die Wände nach oben laufen, dann hätte ich gute 5 Minuten bis ich die Decke endlich erreichen würde. Aber ehe ich so darüber nach dachte, war ich schon oben an der Decke angekommen, meine Nasenspitze berührte die raue, weisse Oberfläche. Und jetzt, wie kann ich mich nun so drehen, dass ich an der Decke lang spazieren kann? Wie absurd die Idee von mir doch war, an der Decke entlang zu laufen. Natürlich konnte das nicht gehen! Sonst würde sich der Doktor bei meinem nächsten Besuch sicherlich wundern, wieso sich mein Haaransatz rot gefärbt hat, da mir das ganze Blut in den Kopf gestiegen wäre. Lächerlich! Also beschloss ich eben meinem Stuhl und meinem Tisch, wie übrigens jeden Sonntagmorgen, den Befehl zu geben, zu mir an die Decke zu schweben. Der Stuhl ist immer etwas mürrisch dabei, doch mein Tisch dachte sogar daran, mir ein leckeres Frühstück und mein Notebook schon mit nach oben zu bringen. Nach 2 Minuten langen Nörgeleien von meinem Stuhl gesellte er sich schliesslich auch zu uns und ich konnte mich gemütlich darauf setzen. Mein Tisch hat mir mein Lieblingsfrühstück gebracht: Hühnchen mit Schokoladencreme, Bananen und Bohnen. Sehr lecker, solch ein feines Frühstück in der Höhe mit guter Gesellschaft zu geniessen! Fertig gegessen bedankte sich der Teller für die Erleichterung, verabschiedete sich und machte sich auf den Weg in die Geschirrspülmaschine. Er meinte, er hätte dort noch ein wichtiges Meeting, welches er heute wirklich nicht verpassen dürfe. Schmunzelnd lies ich den geschäftigen Teller gehen und machte mich daran, meinen Blog auf meinem Notebook einzutippen. Ach, bevor ich es vergesse. Das Internet ist an der Decke übrigens am besten, denn die Konkurrenz ist deutlich geringer, zudem steigen die Signale gerne mal in die Höhe um den lästigen Surfern aus dem Weg zu gehen. Ich als Freundin und Verwalterin der Internetsignale muss das ja fast wissen, sollte man wirklich öfters machen. Also tippte ich mit meinem flinken 20 Finger (nicht verwundern, doch mit 20 Fingern geht es einfach viel schneller, einen Blog ein zu tippen) meine Texte ein und lud sie auch sogleich hoch. Doch etwas finde ich ganz und gar schade an solch einem Sonntag an der Decke: Die Zeit geht genauso schnell um, als würde ich sie wie alle anderen Leute am Boden verbringen. Deshalb brachte mich der mürrische Stuhl einen Stock tiefer auf Fensterebene und verabschiedete sich von mir, denn jetzt drehe ich meine gemütlichen Runden über den See und sehe der Sonne zu, wie sie mir lächelnd eine gute Nacht wünscht und hinter den Bergen verschwindet. Ich mag es, den kühlen Wind in meinen Haaren zu spüren, wenn ich über den See fliege. Zum guten Glück dachte der Herr im Himmel daran uns Arme zu schenken, wie sonst soll man dann fliegen können? Schwups wieder durchs Fenster mit einer Bauchlandung aufs Bett. Ja, mit der Landung hapert es bei mir immer ein wenig, doch das liegt daran, dass mein Tisch mir jeden Sonntag mein Lieblingsfrühstück vorbereitet und mich so mein voller Bauch eben wieder nach unten zieht. Seien wir froh, denn der Tisch weiss genau was er tut, sonst würde ich meinen Heimweg nämlich erst eine Woche später wieder antreten.

Am Montagmorgen dann wachte ich auf, zog mich an, verabschiedete mich von meinem Bett und ging zur Arbeit. Ja, natürlich ging ich zu Fuss, was denn sonst? Fliegen ist nur am Sonntag erlaubt, und die Zimmerdecke mag es ja auch nicht sonderlich, wenn man sie jeden Tag stört. In diesem Sinne freue mich wieder auf den nächsten Sonntag, wenn ich an meiner Zimmerdecke empor steigen kann und meine lieben Freunde den Tisch, den Stuhl und den Teller dort oben wieder begrüssen darf.

Sicherlich denkst du jetzt, ich hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank. Tatsache ist, dass du Recht hast, denn viele meiner Tassen befinden sich in der Geschirrspülmaschine, der Teller hat sie ja zu einem Meeting einberufen. Doch ich hoffe ich konnte dir beim Lesen dieses Textes das eine oder andere Schmunzeln entlocken, denn manchmal ist es einfach am schönsten, an einem Sonntagmorgen die Augen noch einmal zu schliessen und sich vorzustellen, wie der Tag ablaufen soll. Und eben nicht so, wie er immer abläuft, sondern so, wie er ablaufen könnte, wenn der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind.


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